Die Farbgenetik des Welsh Corgi Cardigan

Einleitung

Dieser kleine Artikel soll eine kleine Orientierung für Farbgenetikinteressierte werden, jedoch werden wir den Rassestandard nur am Rande tangieren. Als Voraussetzung für das vollständige Verständnis sollte bekannt sein: Grundlagen der Genetik im Allgemeinen, sowie dominante bzw. rezessive Erbgänge von einzelnen Allelen. Dieser Artikel ist auf Basis der aktuellen Forschung entstanden und die vorgezeigten Informationen können sich jederzeit ändern (Stand Dezember 2020). Aufgrund des Mangels an Bildern würde ich mich freuen, falls Sie einen Hund in einer der besagten Farbe haben, wenn Sie mir Bilder zur Verfügung stellen würden. Bilder ohne Verweis sind meine eigenen. Da einige Farben auch bei anderen Rassen vorkommen, war es mir lieber, diese zu zeigen als alternativ gar kein Bild zu haben. Es sind also nicht nur Cardigans zu sehen.

Begrifflichkeiten

Um die Verständlichkeit des Folgenden zu garantieren, werde ich ein paar grundlegende Begriffe einführen.

Lokus: ist die physische Position eines Gens in einem Genom.

Phänotyp: äußeres Erscheinungsbild

Genotyp: genetische Grundlage auf der der Phänotyp beruht

Allel: Varianten eines Gens; diese können nach ihrer Vererbung (aa / AA) und nach dem erzeugten Phänotyp (z.B. ay = rotes Fell) unterschieden werden

rezessives Allel: wird mit kleinen Buchstaben (z.B. aa) notiert

dominantes Allel: wird mit Großbuchstaben (z.B. AA) notiert

Vorwort

Da die Farbgenetik des Hundes hochkomplex und multifaktoriell ist, ist es schwer vom Phänotypen auf den Genotypen zu schlussfolgern. Im Folgenden werden Sie allerdings ein paar Loci kennenlernen, mit deren Hilfe Sie zumindest einen guten Überblick oder eine grobe Idee bekommen sollten. An dieser Stelle sei gesagt: um 100% gesicherte Aussagen treffen zu können, sollten Sie bei einem renommierten Labor testen lassen.

Grundfarben

Die Farbe eines Cardigans ist multifaktoriell und setzt sich aus verschieden Gen-Loci zusammen. Hier wird allerdings nur auf die Loci eingegangen, die direkt Einfluss auf die Farbgebung des Hundes haben. So hat jeder Hund z.B. einen D-Lokus. Hat dieser jedoch keinen Einfluss auf die Farbgebung, wird er hier nicht extra genannt. Gegen Ende finden sie eine Tabelle mit der vollen Aufzählungen der Genotypen typischer Farben.

Zu den Grundfarben des Cardigans sind ausschließlich die Farben Rot und Triocolor zu zählen. Diese beiden Farben liegen auf dem A-Lokus und werden rezessiv vererbt. An den folgenden Beispielen sehen Sie, wie diese Farben in ihrer Grundform, also absolut unmodifiziert, aussehen.

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Tricolor und Rot

Der Genotyp dieser Farben wird beschrieben mit a, wobei ay rote und at Tricolorfärbung hervorruft. Rot geht dabei aus dem Tricolor hervor, da at mutiert ist und anstatt des schwarzen Pigmentes ein Rotes gebildet wird. Zu beachten ist, dass auch unter rezessiven Allelen eine Hierachie festgelegt werden kann. So ist ay ein starkes und at ein schwaches rezessives Allel. Bei ayat würde also trotzdem nur rotes Pigment gebildet werden. Es sind also nur Hunde mit dem Genotyp atat wirklich Tricolor.23

Der Cardi auf der linken Seite hat also zwangsweise den Genotypen atat, wobei man über den rechten Hund keine genauere Aussage durch bloßes Hingucken treffen kann.2

Sable nimmt an dieser Stelle eine Sonderrolle ein. Da sich die Wissenschaft momentan nicht einig ist, ob Sable aus Rot oder Rot aus Sable hervorgegangen ist und die Unterschiede genetisch nicht klar definierbar sind, gehe ich an dieser Stelle nicht weiter darauf ein. 2 3

Modifikatoren

Es gibt vier große Modifikatoren, die den Phänotyp des A-LoKus beinflussen: den E- und den K-Lokus, so wie den D- und den B-LoKus. Sie können sowohl Auswirkungen auf das äußere Erscheinungsbild als auch auf das Immunsystem des Hundes haben.

Der D-Lokus

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Dilute als Fellfarbe

Der D-Lokus ist ein sehr einfacher Modifikator. Er “verdünnt” das Schwarze Farbpigment zu einem aschgrauen Farbton. Dieses verdünnte Schwarz ist bei den Border Collies auch als Blau bekannt. Die Nasenfarbe ist vom Dilute auch betroffen, also im Vergleich zum “normalen” Schwarz abgegraut. Bezeichnungen sind unter anderem Blau und Dilute.

Der Genotyp dieses Modifikators ist dd. Ein nicht Dilute tragender Cardigan hat also den Genotypen DD. Da D dominant ist, ist ein Hund mit dem Genotyp Dd nur Träger und hat selbst kein verdünntes Fell, kann es aber vererben. Es können sowohl schwarze als auch rote Cardis von dieser Farbveränderung betroffen sein. Beim roten Cardigan wird sich aber nur eine graue Nase und Augenumrandungen zeigen, keine Änderung der Gesamtfellfarbe.

Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass Dilute in 2 Varianten auftreten kann6; d und d2. Diese zwei Varianten sind von ihrer Funktion her so ähnlich, dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird. Ein Farbtest auf Dilute bei renommierten Laboren sollte sowohl den d- als auch den d2-Test beinhalten.

Dilute als Farbe bringt wahrschinlich eine erhöhte Chance für Hautkrankheiten mit sich. Der genaue Zusammenhang ist jedoch wissenschaftlich noch nicht eindeutig belegt.78 6

Der B-Lokus

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Leber bzw. Braun

Der B-Lokus ist in seiner Funktion ähnlich dem D Lokus, indem er das schwarze Farbpigment in seinem Aussehen verändert. Er lässt es dunkelbraun bis Leber-farben wirken. Bei anderen Rassen sind die Farbbezeichnungen passenderweise Chocolate, Liver, Braun oder auch Red ( Was glücklicherweise in KEINEM Fall zu Verwirrung führen kann).

Braun wird auch rezessiv vererbt und hat die Bezeichnung b. Ein nicht brauner Cardigan hat also den Genoptypen BB. Ein Träger (Bb) zeigt keine Farbveränderungen. Ein Cardigan mit der Grundfarbe Rot (ayay oder ayat) kann, falls er auf dem B-Lokus bb ist, eine braune Nase und Augenumrandugen zeigen.

Der braune Farbschlag der Cardigans ist der Gleiche wie in vielen anderen Rassen. Eine englische Studie des londoner Royal Veterinary College’s 11 konnte eindeutig die braune Farbe in Verbindung mit verkürzten Lebenspannen und erhöhtem Risiko für Hautkrankheiten und Ohrinfektionen bringen.1213

Der K-Lokus

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Gestromt / Brindle

Der K-Lokus bestimmt bei Cardigans die Stromung. Im Original heißt diese Farbe “Brindle”. Die Stromung beeinflusst die roten Fellabschnitte und lässt diese in einem Muster verdunkeln. Diese Verdunklung kann von kaum sichtbar bis fast komplett Schwarz alle Farbschläge beinhalten. Das Muster ist jedoch am ganzen Körper relativ regelmäßig. Bei roten Hunden, die das Rot über ihren A-Lokus (also über ihre Grundfarbe) erhalten, ist das Muster am ganzen Körper zu sehen. Bei Tricolor-farbenen Cardis sind nur die roten Abzeichen betroffen.

Genetisch wird Brindle stark rezessiv vererbt. Das entprechende Allel wird mit kbr bezeichnet. Ein Cardigan des Genotypen kkbr und ayay sieht also ähnlich zu dem gezeigten Cardi in [1:1] aus. Ein Cardigan ohne Brindle-Gen hat den Genotypen kk.

Bis jetzt ist keine Verbindung von Brindle zu Krankheten bekannt. 16 17

Der E-Lokus

Melaninistische Maske bei einem Pem

Der E-Lokus hat zwei wichtige Ausprägungen : Zum Ersten die schwarze Maske (oben Links) und zum anderen das rezessive Rot, das bei den Cardis “Pink” heißt (bei anderen Rassen auch ua. “australian red”). Das rezessive Rot bricht nur aus, wenn beide Allele das rezessive Rot tragen und färbt alle schwarzen Fellabschnitte rot. Der Genotyp von “Pink” ist demzufolge gekennzeichnet mit ee. Es können also sowohl genotypisch Tricolor und Rote Hunde phänotypisch Pink werden. Die schwarze Maske liegt auf dem Allel Em und ist damit dominant. Der Cardigan der kein Pink oder eine Maske trägt, ist also genotypisch EE.

Pink als Farbe ist sehr wahrscheinlich nicht gesundheitsgefährdend. Da Pink allerdings alle anderen Modifikatoren überdeckt, können andere , unter Umständen gefährlichere, Farbmodifikationen nicht sicher erkannt werden. Jedoch können bei einem nicht zu vernachlässigendem Anteil Dilute an einer verdünnten Nasenfarbe und Liver/Braun an einer Braunen Nase erkannt werden.183

Merle

Merlefarbene Border Collies

Die wahrscheinlich interessanteste Färbung bei Cardigans und Hunden im Allgemeinen ist Merle. Merle erzeugt ein scheinbar unvorhersehbares, einzigartiges Muster von Weiß über Grau, bis hin zu Schwarz auf dem gesamten Hund. Merle beinflusst nur das Schwarze Pigment des Hundes, auch außerhalb des Fells. Die Flecken sind oft unregelmäßig verteilt und beinflussen auch die Pigmentierung der Nase und Iris. Diese wird, falls ein Auge von einem Merle-Fleck betroffen ist, Blau (hier zu sehen in Bild[18]). Da sich Merle auf alle schwarzen Pigmente auswirkt, und Braun/Dilute auch nur eine abgeänderte Form des schwarzen Pigments ist, gibt es sowohl braunes als auch dilute Merle.

Gentisch ist Merle ein sehr interessantes Thema das auch aktuell noch viel beforscht wird. Merle vererbt sich dominant und wird mit M gekennzeichnet. Es gibt verschiedene Ausprägungen des Merle, die vom Aufbau des entsprechenden Gens abhängig sind. Dies auszuführen, würde an dieser Stelle zu weit gehen. Weiterführernde Informationen finden Sie in diesem Paper:

Merle phenotypes in dogs – SILV SINE insertions from Mc to Mh

Die Besonderheit von Merle ist, dass es auch zum sogenannten “Cryptic Merle” kommen kann. Hierbei handelt es sich um einen Hund, der zwar Mm ist, allerdings durch reinen Zufall keine Merle-Flecken zeigt. Ein Cryptic Merle kann trotzdem Merle vererben. Ein Cardigan ohne Merle-Färbung hat den Genotypen mm.

Gesundheitlich hat Merle viele Besonderheiten. Zunächst hat Merle die Eigenheit, falls eine sogenannte Doppel-Merle-Verpaarung stattfindet, dass möglicherweise taube und/oder blinde Welpen fallen (Genotyp MM). Dies liegt an einer Eigenschaft des Merle-Gens deren Erläuterung hier allerdings zu weit gehen würde. Zudem wird Merle mit zu viel Weiß in Verbindung gebracht. Dieses kann sich auch negativ auf Nevenzellen auswirken. So sind auch neurologische Schädigungen nicht auszuschließen. 19. Merle und Doppelmerle Hunde haben signifikant öfter Probleme mit Sinneswahrnehmungen wie Hören und Sehen. 2019

Hirarchie Der Loci

Die Loki haben natürlich auch eine gewisse Hirarchie, diese hat den E-Lokus an der Spitze. Falls also ein Hund den Genotypen ee hat, ist nur dieser einschlägig. Damit ist der Hund Pink.

Für Rot gilt: ee > kbr > ay > at Für Schwarz gilt: ee > M = dd = bb > atat

Besondere Farbkombinationen

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Chocolate Merle

Da sich die Farbschläge kombinieren lassen, werde ich hier nochmal auf die Genotypen der einzelnen Farbschläge des Cardigans eingehen. Außerdem werde ich zum Verständnis ein paar Farbschläge aus anderen Rassen wie z.B. Border Collie oder Labrador einbringen.

Red Merle

Der wohl weitaus komplexeste Farbschlag ist das red Merle, da sich das typische Muster aus verschiedensten Kombinationen der Loci erzeugen lässt. Red Merle ist leider oft auch eine sehr unklare Bezeichnung, da red viele Farbschläge bzw Loci bezeichnen kann.

Beispielhafter Genotyp Phänotyp Aussagekräftigere Bezeichnung
atat DD bb kk EE Mm Merle mit braun-rötlichen
Flecken mit unterliegendem Weiß
Chocolate/Liver/Leber/Braun Merle
ayay DD BB kk EE Mm Schwarze Merle-Flecken im Schwarzanteil des Zobel,
Es liegt unterliegt der Rotton des Sable. Unter Umständen kann auch ein geflecktes Rot entstehen(ähnlich dem Liver-Merle)
Zobelmerle/Sablemerle
ayay DD BB kkbr EE Mm Das Brindle-Muster wird mit Merle-Flecken auf der Roten Grundfarbe verteilt Brindle Merle

Blue Merle vs Black Merle

Der Name ist hier leider etwas irreführend. Unser Blue Merle ist eigentlich ein Black Merle, da Dilute(Blau) beim Merle der Cardingans keine Rolle spielt. Bei anderen Rassen, in denen Dilute zugelassen ist, wird strikter bei der Namensgebung getrennt.

Beispielhafter Genotyp Phänotyp Bezeichnung
atat dd BB kk EE Mm Graue/Blaue Merle-Flecken Blue Merle
atat DD BB kk EE Mm Schwarze Merle-Flecken Black Merle

Isabella oder Silber bzw Lilac

Silber ist eine sehr interessante Farbe, bei der sowohl der D-Lokus als auch der B-Lokus seine jeweilige Mutation zeigt. Die Grundfarbe des Hundes muss dabei natürlich Schwarz basiert sein. Silber ist in einigen Rassehybriden mittlerweile sehr häufig und kommt auch in einigen Rassen natürlicherweise vor.

Genotyp Phänotyp Bezeichung
atat dd bb kk EE Mm silbrig-graues Fell Silber/Lilac/Isabella

Tabelle einiger im CFBRH erlaubten, häufigen Cardiganfarben

Die erlaubten Farben des Clubs Für Britische Hütehunde entnehmen Sie bitte folgendem Link:

Welsh Corgi Cardigan Rassestandard

Ein paar der erlaubten Farben sind in folgender Tabelle festgehalten:

Genotyp Farbe
ayat DD BB kk EE mm Rot
atat DD BB kk EE mm Tricolor mit Roten Abzeichen
atat DD BB kk EE Mm Blue Merle
ayat DD BB kkbrEE mm Brindle
atat DD BB kkbrEE mm Tricolor mit gestromten Abzeichen